Willy Buser / Guido Wiederkehr, »z'friede, so wie's isch« (1972)

 

Der Unterschied zwischen einem wirklichen Originalton-Hörspiel und einer nach originalen Dokumenten gespielten Inszenierung in der Art von Schneiders Werk lässt sich nirgends so gut beobachten wie im Vergleich zwischen Barry Bermanges »Dreams« (BBC, 1968) und deren Übertragung ins Deutsche (BR, 1969). An die natürliche Sprechweise und das Timbre von Stimmen verschiedenster Leute von der Strasse, die der Autor mit Klängen unterlegte und zu einer eindrücklichen Komposition montierte, kommt die nachgestellte Version trotz bester Vorsätze nicht heran. Von Bermanges vier »Inventions«, zu denen »Dreams« gehört, Hessen sich Willy Buser und Guido Wiederkehr unter anderem anregen, als sie die erste »Collage mit Originalaufnahmen« von Radio DRS planten, wie sie diese unbekannte Art Sendung vorsichtig nannten. Einen direkteren Einfluss lässt das zweite in der Programmzeitschrift genannte Vorbild, Konrad Hansens Collage »Die Dinge nehmen, wie sie sind«, erkennen, der eine Umfrage in Norddeutschland zugrunde liegt. (320) Die nahe Verwandtschaft mit dieser Produktion zeigt sich in der freien Übertragung von deren Titel, die in der Schweizer Version zur Überschrift »...z'friede, so wie’sisch« (DRS-2,5.3.72) führte. In beiden Formulierungen drückt sich eine ähnlich skeptische Haltung gegenüber dem politischen und gesellschaftlichen Status quo aus, wie sie Paul Wühr in seinem polemischen Titel »Preislied« auf den Punkt brachte. Erklärtes Ziel des Hörspiels von Buser und Wiederkehr ist es auch, »Weltanschauung« unmittelbar hörbar zu machen, wie sie sich »aus dem täglichen Leben [...] ergibt.« (321)

Als Interviewpartner wurden vier Schweizerinnen und vier Schweizer aus verschiedenen Altersstufen und Berufssparten eingeladen, die einzeln, also unabhängig voneinander, und spontan, ohne Gelegenheit, sich ihre Reaktionen zu überlegen, zu denselben Fragen Stellung nahmen. In der Auswahl der Befragten drücke sich höchstens eine »Repräsentanz des Zufalls« aus, merkt einer der beiden Autoren in einer kurzen Einführung an; das einzige Kriterium bestand in der Beschränkung auf Personen, die ansonsten kaum Gelegenheit gehabt hätten, ihre Ansichten einem grösseren Publikum via Radio mitzuteilen. Dem Vorwurf der Manipulation wird durch Information über die Prinzipien der Montage begegnet. Sämtliche Interviewfragen wurden im Hörspiel weggelassen, was dem Verstehen nicht hinderlich ist, da das jeweilige Thema mit genügender Klarheit aus den Antworten hervorgeht; oft werden die Fragen von den Interviewten zu Beginn einer Sequenz sogar wörtlich wiederholt. Die Aussagen der acht Personen wurden, wenn man von Kürzungen absieht, nicht verändert, sondern bloss in Beziehung zueinander gesetzt, so dass der Eindruck eines Dialogs entstehen sollte.

Zunächst stellen sich die acht Personen vor, indem sie sich über ihr Alter, ihren Zivilstand, Familienverhältnisse und Berufstätigkeit äussern. Name und Wohnort werden nicht genannt. Ausgehend von dieser Vorstellung ergibt sich einerseits im Laufe der Sendung ein mehr oder weniger scharf umrissenes Bild von der Persönlichkeit der Sprechenden; durch die Wahrung ihrer Anonymität wird andererseits der Eindruck vermittelt, dass die Stimmen Stichproben aus einem Kollektiv repräsentieren. Etwas irritierend wirkt die identische Wiederholung der Vorstellungssequenz etwa in der Mitte des Hörspiels, das so in zwei Hälften geteilt wird; plausibler erscheint die abermalige Wiederholung derselben Statements in veränderter Reihenfolge am Ende des Spiels, wodurch der Eindruck eines zirkulären Aufbaus verstärkt wird. Der erste Teil beginnt mit Äusserungen zu persönlichen Themen, etwa zu besonderen Abneigungen und Schwächen; ein Komplex von Fragen zu Berufstätigkeit und Freizeitgestaltung leitet über zum zentralen Thema der politischen und staatsbürgerlichen Auffassungen. Hier nehmen die Interviewten Stellung zu Fragen wie etwa: Interessieren Sie sich für Politik? Beteiligen Sie sich an Abstimmungen? Ist Ruhe die erste Bürgerpflicht? Gibt es typisch schweizerische Eigenschaften? Sind Sie stolz darauf, Schweizer bzw. Schweizerin zu sein? Was halten Sie von den Gastarbeitern? Wie denken Sie von der jungen Generation? Der zweite Teil setzt ein mit Aussagen über illegale und legale Drogen, kehrt aber bald schon zurück zu persönlicheren Themen wie der Erinnerung an prägende Erlebnisse, der Einstellung zu Ehe, Konkubinat, Homosexualität und Abtreibung. Den Abschluss bilden Äusserungen über Alter, Religion, Tod sowie rückblickende Gedanken über das eigene Leben und Wunschvorstellungen.

Einem kollektiven Bewusstsein zur Artikulation zu verhelfen hatte Paul Wühr knapp ein Jahr vor Willy Buser und Guido Wiederkehr in seinem ungleich aufwendigeren Originalton-Hörspiel »Preislied« versucht, das sich teils handfester Mittel wie der Zerstückelung von Sätzen, der Wiederholung und Kontrastierung, des Unterlegens von Musik und Geräuschen bedient, um den tieferen Sinn der aufgezeichneten Aussagen zum Ausdruck zu bringen. Daneben wirken die Eingriffe der beiden Schweizer Autoren geradezu zaghaft. Ihrem bescheidener formulierten Ziel, Weltanschauung hörbar zu machen, kommt das Hörspiel dort am nächsten, wo von Dingen die Rede ist, die das Kollektiv betreffen. Wie die Montage eines solchen Schein-Dialogs wirkt, lässt sich anhand des folgenden Ausschnitts beobachten. In der Protokollierung von zwei Sequenzen zu politischen Themen zeigt sich stellenweise auch deutlich die Gefahr der Blossstellung, auf die bereits bei der Behandlung von Schneiders »Schlummermueter« hingewiesen wurde.

F 1 »I gang nit go abstimme, nei - nei. Es ¡sch mer irgendwie zwider. I glaub, i ha do vilicht e gwüsses Vorurteil dergegen, nit, wil mer früener het s’Gfühl gha, d'Fraue ghöre nit, ghöre nit dort ane, wo me got go abstimme, aber es isch möglich, dass sich das mit der Zit bi mir - dass das wäggoht, dass i denn au no gang. I finds eigetlich sälber komisch vo mir, aber i ha öppis dergege, i gang nit sehr gärn. Vilich isch’s au nur Bequämligkeit.«
M 1 »Ich gang nit vi>, und zwar us däm Grund, wil ich find, dass in der Schwiz die Abstimmerei e bitzli zue - zue sehr übertriebe wird. Ich find, me sott unsre Politiker mindestens e sovil Urteilsvermöge zuetraue, dass si das im Parlamänt könnte erledige, ohni jedesmol müesse wäg jeder Lehrerinnewahl der gsamti Souverän a d’Urne z'bitte.«
F 2 »Doch, i gang. Mer losst mi - wenn i nit us eigenem Wüsse, loss i mi berate, von ere Schwester.«
M 2 »Jä, also, das isch mi Pflicht, d’Abstimmig als Schwizerbürger, und es isch äbe wünschenswärt, dass die Meinig, won ich jetzt do verträtte tue, dass das die Jüngere ebefalls mache wärde. Es isch eso, mi seht's jo us den Abstimmige, es git immer weniger, und das find i sehr schiächt für e Demokratie.«
F 3 »Nei, i bi au no nie gsi. S’interessiert mi nit, und denn weiss i nit, um was es goht, und der Ma will i nit frage, und i frag au ihn nit, gosch du oder was stimmsch du?«
M 3 »Ich nimm a jeder Abstimmig teil, und det, won ich dihei bin, hemmer au Gmeindsversammlige, wenigstens vorläufig no, und die han ich, glaub i, no nie usslo, ich finde das eifach toll, dass mir i de Schwiz das chönnd, und solang mir das Recht händ, wott ich’s au usüebe.«
F 4 »Ich gang nit go abstimme, wil ich die Asicht ha - es isch e tummi Asicht, das weis i - aber das mer do eigetlich gar kei grosse-n-lfluss händ uf’s Ab- stimmigsresultat, es isch e Manipulierig vo de Herre, wo do am Rueder sind, der einti het’s... S’goht jo im Grund gnoh immer drum... (leise) Do mues i passe.«
M 3 »Öb d’Rueh di ersti Bürgerpflicht isch -«
M ? »Ja.«
F ? »Nei, do bin i gar nit dr Meinig.«
M 3 »Das isch irgendwie emol gsi, aber nach mim Derfürhalte stimmt das hüt nümme.«
M 4 »Nänei, gar nit, ich schätz das sehr, wen, wemme - dr Muet het, zu siner Meinig z’stoh, und das isch Gottseidank hüt mehr dr Fall als früener. Mer losst sich hüt nümm uf’d Nase schisse, und das find i schön.«
M ? »Wenn Kritik am Platz isch, nohetär soll mer si sage, mer soll nit ufs Mul sitze, aber mer soll das in ere aständige Form sage.«
F ? »Mer sind jo in dr freie Schwiz, wo mer eigetlech sött dörfe sage, was me tänkt. Mängisch isch’s besser, mer seit’s nit, was mer tankt. Aber vo mir us gseh sött eigetlich jede si Meinig dörfe-n-üssere.«

Mit einer wichtigen Linie des neueren Deutschschweizer Dokumentarfilms, die Martin Schaub mit dem Namen »Zuhörfilm« bezeichnet (322), hat die Produktion »...z’friede, so wie’s isch« gemeinsam, dass sie Bürger und Bürgerinnen zu Wort kommen lässt, die »zwar ein Stimmrecht, aber keine Stimme haben« (323), und dass dabei - im Unterschied zum agitatorischen »Traktatfilm«, der im Bereich des Hörspiels keine Entsprechung hat - die Stimmen der Autoren zugunsten jener der Befragten zurücktreten. Dabei hat es aber auch sein Bewenden. Im Unterschied zu der im Laufe der siebziger Jahre im Dokumentarfilm stetig verfeinerten Dramaturgie der Selbstdarstellung, die sich einer zunehmend raffinierteren Montage bediente und »die Stimmen und die Bilder mit- und gegeneinander arbeiten Hess« (324), beschränkt sich das erste Schweizer Originalton-Hörspiel auf die Aneinanderreihung von Antwort-Sequenzen, die durch den Verzicht auf nonverbale Mittel und auf besondere Montage-Effekte etwas schwunglos und monoton wirkt. Zwar wird auch im Hörspiel oft eine kompositorische Absicht in der Montage fassbar, etwa, wenn in der zweiten oben zitierten Sequenz auf die Frage-Wiederholung ein lakonisches Ja auf eine ebenso knappe Verneinung prallt, worauf erst weiter ausholende, differenzierende Antworten folgen. Doch die Variationsmöglichkeiten, die sich dem Dokumentarfilmer aufgrund der visuellen Dimension bieten und die Richard Dindo in seinem gleichzeitig entstandenen Werk »Naive Maler in der Ostschweiz« (1972) - dem ersten Vertreter des »Zuhörfilms«, wenn man von Alexander J.Seilers »Siamo Ita- liani« (1964) absieht - nutzte, blieben dem eindimensional auditiven Medium verschlossen und konnten aus ökonomischen Gründen auch nicht durch radiophone Effekte kompensiert werden. Das hat zur Folge, dass die eigentlich gesellschaftskritisch gemeinte Produktion aufgrund ihrer formalen Anspruchslosigkeit eher bieder wirkt.

Schwerer wiegt aber noch, dass sich das Hörspiel zum grössten Teil aus stereotypen Äusserungen zusammensetzt, denen man anmerkt, dass sie direkte Reaktionen auf mehr oder minder banale Fragen sind. Wären die Autoren wirklich an den persönlichen Einstellungen und Gemütsregungen ihrer Gewährsleute interessiert gewesen, so hätten sie nicht umhin können, sich auf ein Gespräch einzulassen und ihre eigene Position explizit miteinzubringen. Ein sensibleres Vorgehen bei der Aufnahme hätte auch bedingt, dass den Gesprächspartnern über den engen Rahmen hinaus, den die Fragen oft aussteckten, Raum für freie Äusserungen gewährt worden wäre. Dadurch erst wären wohl wesentlichere Aussagen möglich geworden. Durch das streng planvolle Verfahren wurde trotz aller Diskretion bloss die Meinung der Autoren, wie sie sich im Titel kritisch ausdrückt, bestätigt. Die Originalton-Produktion, die als Selbstdarstellung der »Lieferanten« auftritt, erweist sich so letzten Endes als verkapptes »Traktat-Hörspiel«. Es begibt sich damit zum Teil des Anspruchs auf Allgemeingültigkeit, der in der Absicht, Weltanschauung zu vermitteln, implizit ist und der das Hörspiel vom Feature unterscheidet.

Die Produktion »...z’friede, so wie’s isch« kann als Originalton-Hörspiel bezeichnet werden, insoweit sie tatsächlich etwas von der vorherrschenden Mentalität der »schweigen den Mehrheit« erahnen lässt. Vielfach sind es unbesonnene Äusserungen, Versprecher, auffällige Negationen oder Zeichen der Unsicherheit, die den Blick auf weltanschauliche Hintergründe lenken. Die Ansicht, »d'Fraue ghöre nit, ghöre nit dort ane, wo me got go abstimme« zählt offenbar zu den Inhalten des kollektiven Bewusstseins, obwohl sich eine der Sprechenden davon distanziert; dass ihre Stimmabstinenz durch Bequemlichkeit bedingt sei, könnte als Rationalisierungsversuch aufgefasst werden. Unterschwelliges Misstrauen wird in der Bemerkung eines ansonsten staatstreuen, demokratisch gesinnten Bürgers spürbar, der aussagt, er wolle sich an Abstimmungen beteiligen, »solang mir das Recht händ«. Und eine junge Frau, die keinen Hehl aus ihrer Skepsis gegen die »Manipulierig vo de Herre« macht, die das Sagen haben, verrät durch ihr Stocken und den abschliessenden Kommentar; »Do mues i passe«, dass sie gerade nicht weiss, worum es im Grunde genommen immer gehe. Vor einer Blamage schützt die Interviewten hier nur ihre Anonymität, die - nebst den fehlenden Orts- und Zeitangaben - ein wichtiges unterscheidendes Merkmal des Originalton-Hörspiels gegenüber dem Feature darstellt; in einer dokumentarischen Sendung wären diese decouvrie- renden Effekte wohl aus Rücksicht auf die Gewährspersonen nicht möglich gewesen.

Willy Buser hat in den folgenden Jahren allein oder zusammen mit verschiedenen anderen Radiomitarbeitern weitere ähnliche Sendungen produziert, die zunächst wie die erste dieses Typs konsequent als »Collagen mit Originalaufnahmen« bezeichnet wurden, der Sache nach aber Originalton-Hörspiele der oben beschriebenen Art sind. »Um d'Wiehnacht ume« (DRS-2, 23.12.73) ist aus den Antworten verschiedener Personen in unterschiedlichen Lebenssituationen auf Fragen zum Thema »Weihnachten« montiert. In Zusammenarbeit mit Roswitha Schmalenbach entstand die Produktion »Si schaffe, si wärche« (DRS-2, 31.5.75), deren Nähe zum Hörspiel in der Ankündigung nun erstmals erwähnt wird; aus der Notiz Im Hörspiel-Bulletin geht deutlich hervor, dass bei der Herstellung dieses Beitrags zum »Jahr der Frau« nach dem genau gleichen Schema verfahren wurde wie bei »...z’friede, so wie’s isch«:

»In dieser O-Ton-Sendung (O-Ton = Originalton) werden viele Interviews zu etwas Hörspiel-Ähnlichem »verschnitten«. Es meldet sich kein Kommentator zu Wort, es findet keine Bewertung oder Analyse statt, der Text setzt sich ausschliesslich zusammen aus den Meinungen, Ansichten und Äusserungen über Lebenserfahrungen von Frauen (einige wenige Bemerkungen auch von Männern), die zum weitaus grössten Teil nicht aktiv "Frauenpolitik" betreiben. Ob dabei vielleicht so etwas herauskommt wie die allerdings völlig unrepräsentativ sogenannte "Stimme der schweigenden Mehrheit"?« (325)

»So wurde noch nie ein Theater eröffnet« (DRS-1, 5.10.75) entstand anlässlich der Eröffnung des neuen Basler Theaters unter Mitwirkung des gesamten Hörspielteams von Studio Basel. In der O-Ton-Produktion »Vom Johrgang 27« (DRS-2, 23.4.77) halten mehrere ältere Menschen, die fünfzig Jahre zuvor miteinander dieselbe Klasse besucht haben, Rückschau auf ihr Leben.» Engadin Skimarathon« (DRS-1,21.3.78) von Christian Jauslin und Willy Buser unterscheidet sich von den bisherigen, auf vorbereiteten Interviews basierenden Originalton-Hörspielen vor allem durch die Spontaneität des Vorgehens. Durch »Interviews mit den Gründern des Laufes, dessen Organisatoren und den Einwohnern der Bündner Talschaft, aber vor allem auch mit vielen Zuschauern, Läuferinnen und Läufern« sollte versucht werden »die Stimmung dieses Wintersport- Ereignisses einzufangen.« (326) Ein wesentliches Element der Stimmung besteht dabei in der Geräusch-»Amblance«, die den Statements der Interviewten unterlagert ist und dem Hörer den Eindruck des unmittelbaren Dabeiseins vermittelt. Bezeichnenderweise geht es in dieser Produktion, die im Text des Programm-Bulletins als »Feature« bezeichnet wurde, nun nicht mehr um das Ausloten überzeitlicher weltanschaulicher Phänomene, sondern - wie schon bei der Sendung zur Einweihung des Basler Theaters - um die radlophone Gestaltung eines Beitrags über ein bestimmtes Ereignis: hier über den zehnten Engadiner Skimarathon vom 12.März 1978, In seiner Antwort auf eine Rückfrage die Gattungsbezeichnung betreffend lehnte Willy Buser die Ausdrücke »Feature« und »O-Ton-Hörspiel« für diese Produktion ab und nannte sie eine »O-Ton-Col- lage«; damit ordnete er sie in die Reihe der oben genannten bisherigen Originalton-Hörspiele ein. Sein Koautor Christian Jauslin hingegen bestätigte die Bezeichnung »Feature«, die dem Charakter dieser Sendung sicher besser entspricht. Ein Jahr zuvor schon war Walther Kauers »Liebesbrief« an das Bergell mit dem Titel »Cagnosciat tü quel pal- set?« (DRS-1, 19.5.77), in dem unter anderem Orlglnaltonaufnahmen verwendet wurden, in einer Kritik klar und deutlich als »Feature« gekennzeichnet worden. (327) 1978 wurde das Feature In den Produktionsauftrag der Abteilung Dramatik integriert, was wohl den äusseren Anlass dazu darstellt, dass Willy Busers Produktionen »Weder Derrick noch Kojak« (DRS-2, 11.11.78) über den Berufsalltag eines Kriminalkommissars und »Sie sin nid fremd... Eine Sendung über Adoptionen fremdrassiger Kinder« (DRS-2, 19.5.79) als Features bezeichnet wurden. Das Originalton-Hörspiel siedelte seit Anbeginn im äussersten Grenzbezirk der Gattung Hörspiel und verschwand Ende der siebziger Jahre - jedoch nicht ganz spurlos. Zum einen fungierte es in der deutschen Schweiz wie gezeigt als Wegbereiter für das moderne Feature, mit dem man sich in früheren Zeiten so schwergetan hatte. Zum andern hatte dieses Grenzphänomen des Neuen Hörspiels - vermittelt fortan durch das Feature, das von Heissenbüttel gar als »die unmittelbarere Funkform«, als »das »eigentliche Hörsplel<« bezeichnet worden war (328) - seine Auswirkungen auf die Dramaturgie des Schweizer Hörspiels der achtziger Jahre.

 

 

(320) vgl. G.Wiederkehr, Was wir täglich hören, »z’friede, so wie’s isch«, in: r+f 9/72, S.74 f
(321) Pgr 1/72, S.12
(322) vgl. M.Schaub, die eigenen Angelegenheiten, in: Schlappner/Schaub, 1987, S.156 ff
(323) zit. ib., S.156
(324) ib., S.160
(325) Pgr 2/75, S.7
(326) Pgr 1/79, S.11
(327)»Kauer wählte für seinen Liebesbrief die radiophonische Form des Features. Sie gibt die wohl geeignetste Gestaltungsgrundlage ab, denn erst sie ermöglichte dem Schriftsteller die Durchmischung von Privatem und Recherchiertem, auch Mitgeteiltem, aus der sich dann ein auch für den Aussen- stehenden, ja sogar Ausgeschlossenen einsehbares Bild zusammen setzt.« (liv., »Cagnosciat tü quel paiset«, in: NZZ, 21./22.5.77)
(328) H.Heissenbüttel, Horoskop des Hörspiels, in: Schöning, 1970, S.24

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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