Paul Pörtner
Was sagen Sie zu Erwin Mauss? Einkreisung eines dicken Mannes
Ursdg.: NDR, 1968; Karl-Sczuka-Preis 1968
Hamburg
89 (DRS-2, 2 Sdg.)
Franz Xaver Erni
Häichoo. Ein Hörspiel um Heimweh und Heimkehr in Aargauer Mundart (50')
Dialekt Aargauer Mundart 2.Preis im Radio-Wettbewerb für Mundart-Hörspiele 1966/67 [L+L]
Willy Buser, Basel
17.1.68
68 (DRS-1, 2 Sdg.),
r+f 19/66, S.7, --, Gesucht: Mundart-Hörspiele [Wettbewerbsausschreibung]
r+f 26/67, S.17, --, Die Gewinner im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele
r+f 4/68, S.5, Hans Rudolf Hubler, Steine des Anstosses. Gedanken zu einem Wettbewerb
"Dieses Hörspiel in Aargauer Mundart - genauer: in der Mundart der Region Baden -erzählt die Geschichte von der Heimkehr eines nicht mehr ganz jungen - aber auch noch nicht alten - Mannes in das Dorf seiner Kindheit, in das Dorf am Fluss. Dieses Dorf ist ihm Ziel eines Neubeginns. Ein anderes Leben möchte er führen. Eines, das besser ist, glücklicher, moralischer auch. Vor allem aber: eines, das konventioneller ist. Ja, die Konvention hat ihn aus der Bahn geworfen: So-sein-Wollen und So-sein-Müssen liessen sich nicht zur Deckung bringen. Er wusste sich schliesslich nicht anders zu helfen als mit einer Reise zurück - mit einer Reise ins Dorf.
Er kommt also heim ins Dorf und findet hier alle die richtungweisenden Punkte von einst, aber sie haben sich seltsam verwandelt. Sie dienen seinem seelischen Sextanten nicht. So treibt er weiter auf dem Ozean der inneren Tragik, unter schwarzem, sternenlosem Himmel, und die wenigen, letzten Lichtpunkte der Wirklichkeit, gelebter und geliebter Heimat, gehen unter in der Empfindungslosigkeit des Gesprächs. Eine moderne Welt ist angebrochen in seinem Dorf: eine Welt, die kein Gefühl benötigt. Im Dorf am Fluss, in dem die Liebe wohnte, allezeit, wohnt jetzt die schale Gleichgültigkeit (Stadt und Land rücken eng zusammen, wo es um die Vernichtung des einzelnen geht!). Den Ententeich haben sie zugeschüttet im Dorf und asphaltiert: die reine Empfindung, das Einander-Verstehen, die hilfreiche dörfliche Nachbarschaft, haben sie unter Redensarten und Floskeln begraben. Nur einer ist noch, der die reine Liebe verkörpert, das Charisma. Aber dieser eine ist ein Phantom, eine Fata Morgana, ist Trugbild und Traum. Der 'Schäfer' - der Fährmann von einst - wird zum Guten Hirten, zum ewigen Fährmann, zum stillen, verstehenden Begleiter über den allerletzten Strom...
'Ein lyrisches Hörspiel' lautet der Untertitel. Die Bezeichnung 'lyrisch' soll verdeutlichen, wie sehr es in diesem Stück auf die inneren Abläufe ankommt. Diese, so sehr sie manchmal nur noch in Andeutungen spürbar sind, machen die ganze Handlung aus. Alles und jedes, was aussen geschieht, geschieht ja in Wirklichkeit innen: innen leben wir - und innen sind wir tot.
Noch ein Wort zur Gattung 'Mundartdichtung'. Ich glaube, dass jeder Schweizer Schriftsteller sich einmal intensiv mit seiner Muttersprache - denn das ist ja die Mundart! - auseinandersetzen sollte. Die Beschäftigung mit der Sprache meiner Heimat hat mich unendlich bereichert, und ich danke dem Radio für die schöne Idee, Schweizer Autoren zur Arbeit an der Schweizersprache aufzurufen." [r+f 2/68, Franz Xaver Erni]
Peter Lotar
Die Macht der Gewaltlosigkeit (2.Fassung) (61')
historisches Hörspiel Auftrag [D&F]
Robert Bichler, Zürich
3.2.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.; DRS-2, 1 Sdg.), 69 (DRS-2, 1 Sdg.), 81 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f 4/68, S.43, R.Auer, Fasten statt Töten. Zum 20.Todestag von Mahatma Gandhi
NZZ, 4.10.69, zd., "Die Macht der Gewaltlosigkeit". (Mahatma Gandhi)
1.Fassung: Jeder von uns ist Gottes Sohn (Gandhi), 60 (DRS)
Auftragsarbeit für die Abt.Dramatik zum 20.Todestag von Gandhi [Pgr 3/69, S.6]
"Der erfolgreiche, aber noch ungenügend bekannte Schweizer Autor Peter Lotar ('Der Tod des Präsidenten') hat in einem Hörspiel einige Stationen aus Gandhis Leben dichterisch zusammengefasst und eindrücklich dargestellt, wie stark dieses von seinem unbeugsamen Glauben an die Macht der Gewaltlosigkeit geprägt war." [r+f 4/68, R.Auer]
"Peter Lotar, der für sein Bühnenwerk 'Der Tod des Präsidenten' kürzlich den Dramatiker-Preis der Schweizerischen Schiller-Stiftung erhalten hat, hat in unserem Auftrag ein Hörspiel über das Leben des grossen Menschen Mahatma Gandhi geschrieben.
Mahatma Gandhi, das heisst: die grosse Seele!
Am 30.Januar 1948 wurde Gandhis Leben gewaltsam ein Ende gesetzt." [Pgr 1/68]
"Am 2.Oktober 1869 wurde Mahatma Gandhi in Porbandar geboren. Aus diesem Anlass wiederholen wir das in unserem Auftrag vom Autor zum 20.Todestag Gandhis geschriebene Stück über das Leben und Wirken dieses grossen Verfechters der Gewaltlosigkeit." [Pgr 3/69, S.6]
"Die Idee des Friedens und seiner schwierigen Realisierung ist leider immer - immer noch - aktuell.
Der berühmteste und wohl auch erfolgreichste Kämpfer mit gewaltlosen Mitteln war Mahatma Gandhi. Mahatma Gandhi, das bedeutet: die grosse Seele. 1968, zwanzig Jahre nach seinem Tod, strahlte Radio DRS zum ersten Mal Peter Lotars Hörspiel über das Leben dieses Friedensstifters aus.
Mit Gert Wesphal, Peter Lühr, Helga Roloff, René Deltgen.
Peter Lotar, geb. 1910 in Prag, Schauspieler in Berlin und Breslau, lebt seit 1939 als freier Schriftsteller in der Schweiz." [Pgr 2/81, S.5]
Marcel Dornier
De verloornig Sohn. Aargauisches Mundartstück (54')
Dialekt Aargauer Mundart Anerkennungspreis im Radio-Wettbewerb für Mundart-Hörspiele 1966/67 Musik: Tibor Kasics [D&F]
Ettore Cella, Zürich
6.3.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.),
r+f 19/66, S.7, --, Gesucht: Mundart-Hörspiele [Wettbewerbsausschreibung]
r+f 26/67, S.17, --, Die Gewinner im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele
r+f 4/68, S.5, Hans Rudolf Hubler, Steine des Anstosses. Gedanken zu einem Wettbewerb
r+f 9/68, S.70, Marcel Dornier, De verloornig Sohn. Hörspiel von Marcel Dornier
"Noch sei mir ein Inhaltshinweis erlaubt: In meinem 'Verloornige Sohn' erweist es sich, dass weniger der der Verlorene ist, der sich unüberlegt und leichtsinnig um seine bürgerlichen Chancen gebracht, sich dabei aber ein warmes Herz erhalten hat, als der nach aussen Erfolgreiche, der kalt und egozentrisch handelt." [r+f 9/68, Marcel Dornier]
Rudolf Stalder
En Ybrächer (45')
Dialekt Berndeutsch Ausführende: Berner Mundarthörspieler Anerkennungspreis im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele 1966/67 [L+L]
Robert Egger, Bern
20.3.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.), 80 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f 19/66, S.7, --, Gesucht: Mundart-Hörspiele [Wettbewerbsausschreibung]
r+f 26/67, S.17, --, Die Gewinner im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele
r+f 4/68, S.5, Hans Rudolf Hubler, Steine des Anstosses. Gedanken zu einem Wettbewerb
"Kobel, ein alter Uhrmacher, lebte sein Leben ohne besondere Höhen und Tiefen. Er wurde in den langen Jahren der Einsamkeit zum Kauz, allein und von der Umwelt in Ruhe gelassen. Dennoch glaubt er, dass irgendwann einmal auch noch in seinem Leben etwas ganz Aussergewöhnliches geschieht. Und genau dies trifft dann am Ende des Spiels auch ein." [Tele 40/80, S.62]
Ernst Kappeler
De Tod isch grüen (44')
Dialekt Anerkennungspreis im Radio-Wettbewerb für Mundart-Hörspiele 1966/67 [D&F]
Robert Bichler, Zürich
3.4.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.), 81 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f 19/66, S.7, --, Gesucht: Mundart-Hörspiele [Wettbewerbsausschreibung]
r+f 26/67, S.17, --, Die Gewinner im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele
r+f 4/68, S.5, Hans Rudolf Hubler, Steine des Anstosses. Gedanken zu einem Wettbewerb
r+f 13/68, S.47, Ernst Kappeler, De Tod isch grüen
"Das Spiel beginnt mit dem Selbstmorversuch eines Mädchens in der Morgenfrühe. Neugierige sammeln sich auf der Strasse und warten auf das Eintreffen des Sanitätsautos. Wer ist das Mädchen? Warum sprang es aus dem Fenster? Ist es tot? Zu wem ging es in die Schule? Die Gestalt seines Lehrers tritt in den Vordergrund. Man kennt ihn im Dorf. Gerüchte und Vermutungen gehen über ihn um.
Das tragische Geschehen um seine Schülerin Magdalena führt uns in die entscheidende Sitzung der Schulkommission, wo der Lehrer zur Verantwortung gezogen werden soll. Nicht nur, was die Verzweiflungstat des Mädchens anbetrifft, sondern auch über seine ganze Schulführung und sein allzu enges Verhältnis mit vielen Kindern.
Wir besuchen eine Zeichnungsstunde. Aber die Schüler zeichnen nicht. Sie sprechen von der Farbe des Todes. Magdalena sagt, der Tod sei grün. Warum spricht der Lehrer vom Tod, statt zu unterrichten wie alle andern? Warum belastet er sie mit seinen dunklen Gedanken, statt sie das Lebensnotwendige zu lehren: Rechnen, Schreiben, Geschichte?
Der Lehrer hört zu und gibt Antwort. Seinen Vorgesetzten und sich selbst. Er wüsste mehr zu sagen, als er ausspricht. Aber sie würden ihn nicht verstehen. Sie ahnen nicht, dass für ihn in Magdalena sein eigenes verstorbenes Töchterchen wieder zurückgekommen ist und dass das Mädchen den Tod suchte, um seinem Lehrer immer nahe zu sein. Wie Tote es tun.
'Ich bin des Lehrers Kind', gesteht es der Schwester im Spital. 'Ich möchte nicht mehr gesund werden.'
Arzt und Krankenschwester versuchen vergeblich, seinen wahren Gedanken auf den Grund zu kommen. Der Lehrer steht im Zwielicht. Ist er wirklich schuldig? Die äussere Wirklichkeit steht einer inneren gegenüber. Wo ist der Ausweg?
Am Schluss der Kommissionssitzung verlangt der Präsident eine klare Entscheidung.
Der Lehrer trifft sie selber." [r+f 13/68, Ernst Kappeler]
"Ernst Kappeler, der bekannte Schriftsteller, Pädagoge und Jugendberater, wird am 14.Juni 70 Jahre alt. Aus diesem Anlass wiederholt Radio DRS in der Rubrik 'Aus unseren Archiven' ein Dialekthörspiel dieses Autors, das seinerzeit in einem Radiowettbewerb für Mundarthörspiele ausgezeichnet wurde: 'De Tod isch grüen'." [Tele 23/71, S.62]
Hans Mühlethaler
Osterpredigt (41')
Auftrag Hörspiel-Erstling [D&F]
Hans Jedlitschka, Zürich
11.4.68
68 (DRS-2, 1 Sdg.),
r+f 14/68, S.70, rar., Osterpredigt
"Geschichte eines Pfarrers, der nicht an die Auferstehung glaubt" [Produktionszettel]
"Hans Mühlethaler (38), dessen Erstlingswerk 'An der Grenze' 1963 vom Zürcher Schauspielhaus uraufgeführt wurde, hat als Auftragsarbeit das Hörbild eines Pfarrers skizziert, der sich bei der Vorbereitung seiner Osterpredigt fragt, wie es wäre, wenn er zum letzten Male predigen und in seiner Gemeinde an Stelle des Gottesdienstes das Studium der Gewaltlosigkeit einführen würde.
Im Gegensatz zum Präsidenten der Kirchgemeinde und zu seinem Amtskollegen kann er nicht an die absolute Macht Gottes und an Gewalt und Strafe zur Erhaltung dieser Macht glauben. Er wird von unzähligen Fragen und Einwänden geplagt: '750 Milliarden Franken. So viel Geld wird auf der ganzen Welt jährlich für Rüstung ausgegeben. Die Hälfte von dem, was der ärmere Teil der Weltbevölkerung verdient. Soviel für den Krieg. Wieviel für den Frieden?... 'Der andere ist schuld. Wir nicht. Wir wollen nur die Verteidigung. Der andere will auch nur die Verteidigung. Einige wollen die Revolution, weil sie so arm sind, dass sie nichts zu verteidigen haben.'
Pfarrer Staub kann die Hände nicht in den Schoss legen, auf Gott vertrauen und auf ein Wunder hoffen. Er will handeln, die Welt verändern, mithelfen am Aufbau der Gesellschaft...
'Den Glauben ans Reich Gottes lehne ich ab, weil er davon ausgeht, Gott werde die Zukunft besser machen. Ich behaupte: die Menschen müssen sie besser machen. Glaube ans Reich Gottes ist Fatalismus.'
Der Pfarrer hört auf, die Gemeindemitglieder zum Glauben und zu einer Überzeugung zu zwingen und versucht herauszufinden, was denn eigentlich die Menschen glücklich macht.
Der Präsident gibt sein Amt auf. Er will nicht mehr befehlen, sondern vertrauen und anregen. Der Kollege will nicht mehr die Wahrheit predigen, sondern eine Wahrheit.
Die Witwe überwindet den Totenkult mit ihrem Gatten und will neue Menschen, eine neue Liebe finden.
Das Stück spielt sich ganz in der Phantasie des Pfarrers ab." [r+f 14/68, rar.]
Manfred Schwarz
Wer schrie: kreuzige ihn!? Ein Hearing zum Karfreitags- und Ostergeschehen (71')
Auftrag Übernahme durch BR und RSR [D&F]
Bruno Felix, Zürich
12.4.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.), 69 (BR, 1 Sdg.), 70 (DRS-2, 1 Sdg.), 74 (DRS-1, 1 Sdg.), 76 (BR, 1 Sdg.), 83 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f 14/68, S.71, Manfred Schwarz, Wer schrie: "Kreuzige ihn!?"
Kopien versandt an: BR München, RAI Bolzano (2mal), WDR Köln, HR Frankfurt (2mal), SR Saarbrücken
von E. Pulver als "interessant" bezeichnet [Kindler 1974, S.354]
"Der bereits bekannte Autor hat in unserem Auftrag ein neues Hörspiel geschrieben. Er bedient sich der Form des Hearings und stellt einem Frager aus der heutigen Zeit die historischen Figuren des Ostergeschehens gegenüber. Es ergibt sich eine religionsgeschichtliche und machtpolitische Auseinandersetzung von überraschender Aktualität und Härte." [Pgr 1/68; Produktionszettel]
"Wer schrie? Welcher Art waren die Schreier? Warum schrien sie? Und schliesslich die Hauptsache: wer war er, den sie ans Kreuz schrien?
Am Stoff verzweifeln ist zu irgendeinem Zeitpunkt des Arbeitsprozesses ein normaler Vorgang für jeden, der schreibt. Ungemütlicher wird es, wenn die Verzweiflung bereits beim Zusammensuchen der nötigen Unterlagen für ein halbwegs 'historisches' Stück einsetzt. Je mehr einer zum Beispiel über das Passionsgeschehen an Passah 32 liest, desto deutlicher wird ihm die geschichtliche Nicht-Erfassbarkeit des Nazareners. Die einzige Geschichtlichkeit Jesu ist sein Tod. Die Figuren rund um Jesus in diesen Tagen sind von den Evangelisten gezeichnet und zweifellos tendenziös verzeichnet: absichtlich verharmlost der römische Prokurator Pilatus, verteufelt der Hohepriester Kaiphas, vermiest Judas, der Verräter. Es ist deshalb kein Wunder, wenn die Figuren rund um die Passion Christi immer wieder zu neuen Deutungen verlocken. Ein Beispiel: Judas. Vom kleinen schmutzigen Verräter bis zum eigentlichen Helden und Märtyrer des Ostergeschehens wurde schon alles in die Rolle des Judas hineingelesen. Ich nahm deshalb Judas für den, der er heute ist: den Vielgedeuteten. Ich bemühte mich auch, der Versuchung auszuweichen, Pilatus oder Kaiphas in die Zwangsjacke des Vorurteils zu stecken. Die Verzweiflung über das Fehlen eindeutiger Fakten liess mich in der eigentlichen Arbeit schliesslich das tun, was ich mir als Vorarbeit gedacht hatte ursprünglich: ich stellte Fragen. Ich organisierte eine Art Hearing. Das Hörspiel ist somit nichts anderes als die Summe der Verzweiflung am nichtfassbaren Stoff.
Zwangsläufig stellte sich bald einmal die Gegenfrage: Warum fragen wir im 20.Jahrhundert noch immer nach dem, was um Passah 32 in Jerusalem angeblich geschah, wo wir doch rational zum Ostergeschehen kein ehrliches Verhältnis mehr finden? Vor diesem Jesus von Nazareth und nach ihm starben ja auch andere für irgendeine Überzeugung. Nach diesen fragen wir nicht. Warum fragen wir noch immer nach ihm? Die Antwort darauf ist möglicherweise eben nicht bloss eine Glaubensangelegenheit, sondern eine Sache der persönlichen Entscheidung. Darüber hinaus bleibt die Frage nach den Schreiern immer aktuell." [r+f 14/68, Manfred Schwarz]
"Dieses Hearing zum Ostergeschehen erschien vor zwei Jahren in unserem Programm und fand damals, wie auch bei einer Übernahme durch den Bayerischen Rundfunk, ein ganz ungewöhnliches Interesse." [Pgr 1/70, S.14]
"'Wer schrie: Kreuzige ihn!?', das als Auftrag für die Abteilung Dramatik und Feature entstand, wurde im vielfältigen Hörspielschaffen von Manfred Schwarz zu einem grossen Erfolg. Übernahmen von verschiedenen ausländischen Sendern und von Radio de la Suisse Romande lösten bei der Wiedergabe überall grosses Echo aus." [Pgr 1/83, S.15]
"Das Hörspiel [...] wurde im vielfältigen Hörspielschaffen von Manfred Schwarz zu einem grossen Erfolg." [Tele 12/83, S.62]
Hans Roy
Elsi und der Fremdarbeiter. Zeitstück in drei Akten (75')
Bruno Felix, Zürich
27.4.68
68 (DRS-1, 2 Sdg.)
r+f 16/68, S.46, --, Elsi und der Fremdarbeiter
"Das Fremdarbeiterproblem ist eine äusserst schwierige und heikle Sache. Geladen mit viel emotionalem Dynamit. Seine Schwierigkeit liegt nicht zuletzt darin, dass es die mannigfaltigsten Aspekte aufweist, die alle ineinander verzahnt sind. Immerhin: Fragen der Plafonierung, Wohnungsbeschaffung, Infrastruktur usw. sind technischer Natur. Sie sind also lösbar. Voraussetzung dafür ist die Bewältigung der menschlichen Aufgabe. Sie stellt die Schweizer Bevölkerung auf eine sittliche Bewährungsprobe. Die menschliche Aufgabe besteht darin, aus einer wirtschaftlichen Notwendigkeit eine fruchtbare Begegnung zu machen. - Einen Menschen bei sich aufnehmen, heisst ihm das Recht einräumen, anders zu sein. Dies dürfte der Gehalt des Wortes Achtung sein. Das Wagnis, dem andern Raum bei sich zu geben ist unabsehbar in seinen Folgen. Die mitmenschliche Begegnung ist immer unberechenbar. Sie engagiert einen bis zur völligen Solidarität.
Das Hörspiel 'Elsi und der Fremdarbeiter' ist entstanden aus dem täglichen Kontakt mit einer vorwiegend werktätigen Bevölkerung und in Solidarität mit deren geschickten und ungeschickten Bemühungen, mit dem Fremdarbeiterproblem fertig zu werden. - Es nimmt nicht Partei, sondern es wirbt um Verständnis und, sagen wir es offen, ein wenig mehr Liebe." [r+f 16/68]
Gertrud Lendorff
Vor hundert Jahren (1868): 1. Man verbannt ein junges Mädchen von Basel nach Paris 2. Handels- und andere Beziehungen werden zwischen Paris und Basel angeknüpft 3. Allerlei Stürme und verschiedene Verhandlungen 4. Die Basler Familie reist nach Paris oder die Schöne Helena 5. Der Sturm, der Blitzschlag und die Ruhe nach dem Sturm 6. Frau Fanny und Oberst Aymon de Bogenthal empfangen Gäste 7. Amor wirft vier verliebte Freier in den Kampf 8. Das fröhliche Erwachen auf dem Lande 9. Amor kämpft weiter und erringt Erfolge 10. Amors Sieg und Amors Niederlage (33' / 34' / 34' / 33' / 36' / 34' / 34' / 29' / 39' / 29')
Dialekt Fortsetzung einer Hörspielfolge aus den 40er Jahren! [L+L]
Helli Stehle, Basel
15.5.68 / 22.5.68 / 5.6.68 / 5.6.68 / 12.6.68 // 4.9.68 / 11.9.68 / 18.9.68 / 25.9.68 / 9.10.68
68 (DRS-1, 10 x 1 Sdg.),
r+f 19/68, S.71, R.Auer, "Vor hundert Jahren". Zur neuen Hörspielfolge von Gertrud Lendorff
r+f 44/71, S.75, Gertrud Lendorff, Vor hundert Jahren. Neue Hörspielfolge von Gertrud Lendorff
Buchausgabe: Basel (Reinhardt)
[Kosten total Fr.25'000.--]
"Auf Baseldeutsch seien nur Possen möglich, wurde Frau Dr.Lendorff gesagt, als sie sich daran machte, ein unterhaltendes Kulturbild vom Basel des 19.Jahrhunderts für das Radio zu schreiben. Sie liess sich nicht entmutigen, und dieses Jahr gehen, nach einem längeren Unterbruch, ihre lebendigen Basler Figuren in einer vierten und fünften Sendefolge neuen Lebens- und Herzensabenteuern entgegen: Vorgesehen sind zwei Sendereihen von je fünf Sendungen; die erste beginnt am 15.Mai, die andere im September. Auch diese neue Folge wird in Buchform, als schriftdeutsche Prosafassung, im Verlag Reinhardt, Basel, erhältlich sein.
Wenn Frau Lendorff von ihren Figuren spricht, hat man das Gefühl, sie spreche von Verwandten oder guten Bekannten. Immer wieder muss sie Leute enttäuschen, die sich bei ihr nach Lydia, Fanny oder Oberst de Bogenthal erkundigen: ihre Figuren sind erfunden. Nicht aber das Milieu, in welchem sie sich bewegen:
'Diesmal spielen die ersten fünf Sendungen in Basel und in Paris im Jahre 1876. Ich habe sehr viele Erinnerungen an diese Zeit, da damals meine Grosseltern in Paris lebten. Diese persönlichen Erinnerungen habe ich durch historische Studien ergänzt sowie durch Erzählungen anderer Basler, die damals recht zahlreich als Kaufleute in Paris tätig waren.' Aus diesem Erinnerungsschatz wurde mit viel Liebe für das kulturhistorische Detail eine Folge von Szenen gestaltet: Ver- und Entlobungen, Familienschwierigkeiten, Unglücksfälle und gesellschaftlicher Alltag werden die Hörer entzücken und rühren.
'Eine besonders beliebte Figur ist die des Obersten de Bogenthal, eines Offiziers, der zuerst in neapolitanischen Diensten war und jetzt auf einem Landsitz im Baselbiet lebt.
Er und seine Frau Fanny sind in der zweiten Sendereihe Hauptfiguren. Daneben finden wir in Paris ein junges Ehepaar, Lydia und Benedikt Sternenberger. Lydia muss die Verantwortung für die jüngere Schwester Emmely übernehmen. Emmely hat die böse Stiefmutter Salome verlassen, um als 'enfant terrible' in Paris viel Kummer und Freude mit ihren zahlreichen Verehrern zu erleben. Die ganze Sendereihe dreht sich nicht um weltbewegende Sachen, sondern in erster Linie um die Frage nach Emmelys Zukünftigem.' Die Atmosphäre wird durch die Musik Offenbachs verdichtet, dessen 'Schöne Helena' damals ein Schlager war.
Bevor Frau Dr.Lendorff mit ihren Hörfolgen in der ganzen Schweiz alt und jung erfreute und dem echten alten 'Baseldytsch' ein Denkmal setzte, beschäftigte sie sich als Studentin mit Kunst- und Kulturgeschichte. Da um 1933 die Möglichkeiten für Kunsthistoriker in der Schweiz mehr als beschränkt waren, versuchte sie sich in der Schriftstellerei: 'Aber meine Bücher waren nicht sehr erfolgreich. Nun wurden während des Krieges zahlreiche Wohltätigkeitsvorstellungen veranstaltet. Im letzten Kriegsjahr organisierte ich im Rahmen des Lyceum-Clubs eine historische Modeschau. Als ich die verbindenden baseldeutschen Szenen schrieb, entdeckte ich, dass mir das lag, und das war eigentlich der Anfang der Hörspiele...' Und auch der Anfang der Schwierigkeiten für Frau Helli Stehle, welche Regie führt: echter Dialekt, ohne aus dem Radio ein Sprachmuseum zu machen, geeignete Hörspieler, Droschkengeräusche für Strassenszenen in Paris, musikalische Untermalung mit Offenbach-Melodien sind nur einige Probleme, die das Aufnahmeteam ständig in Atem hielten. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Und damit alles stimme, wurde für eine Zooszene sogar die Stimme eines Löwen aus Zürich geholt!" [r+f 19/68, R.Auer]
Selma Urfer
Heer und Frau Bär sin verraist! (48')
Dialekt Baseldeutsch Dialektbearbeitung: Helli Stehle Komödie 2 [D&F]
Joseph Scheidegger, Basel
15.6.68
68 (DRS-1, 2 Sdg.), 71 (DRS-1, 1 Sdg.), 76 (DRS-1, 1 Sdg.), 80 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f 23/68, S.72, --, "Heer und Frau Bär sin verraist" (Die Gäste). Hörspiel von Selma Urfer
Titel der der ursprünglichen, hochdeutschen Fasstung: "Die Gäste"
"Die in München lebende Schweizerin Selma Urfer, Witwe des Schauspielers Robert Graf, nimmt in ihrem zweiten Hörspiel ein Thema aufs Korn, das vielen Hörern aus eigener Erfahrung bekannt sein dürfte: Man möchte ein Wochenende allein im behaglichen Heim verbringen und hat mit den Freunden des Hauses zu kämpfen, die ebenfalls den Swimmingpool zu schätzen wissen. Herr und Frau Bär landen auf der Flucht vor den Gästen auf dem Dachboden; das Ruhebedürfnis entpuppt sich zuletzt allerdings als Täuschung." [Pgr 2/68]
"Das Ehepaar Bär besitzt ein Haus mit Swimming-pool und Garten, den ihre Freunde am Wochenende ebenso geniessen wie das Ehepaar selbst. Deshalb lassen sie sich an einem heissen Samstagnachmittag von ihrem Dienstmädchen verleugnen. Endlich sind sie unter sich, können sich einmal gehen lassen und das Wochenende allein zu zweit verbringen. Da platzt als erste die Freundin Möpschen in die Idylle und zwingt sie, treppauf ins Schlafzimmer zu flüchten. Als sie sich dort zu einem kleinen Bad den Schwimmanzug von Agnes Bär holen will, müssen sie sogar nebenan in den Speicher. Und dort verbringen sie dann, Hunger, Durst und Hitze leidend, den strahlenden Tag, da sich nach Möpschen noch mehr unangemeldete Gäste einstellen. Von unten hört Karl die Geräusche des samstäglichen, heissersehnten Fussballspiels, hören sie die Gäste, die sich offenbar auch ohne sie - oder gerade ohne sie - königlich amüsieren. Nun, in Zukunft wird das alles anders werden: Fernseher, Getränke und Schwimmbad werden nicht mehr jedem zur Verfügung stehen, und den Freunden wird unverblümt die Wahrheit an den Kopf geworfen werden. Schliesslich ist man ja nicht auf sie angewiesen, sondern durchaus fähig, ohne sie auszukommen. Je länger allerdings der Tag fortschreitet, um so fragwürdiger wird die traute Zweisamkeit im Speicher. Als Bärs abends, nachdem die Gäste sich verabschiedet haben, wieder hinunter können, zu erneuter Einsamkeit zu zweit, verbergen sie jedenfalls ihre Langeweile und die Angst, die Gäste könnten am Ende nie mehr kommen, peinlichst voreinander. Was für ein Glück, dass Agnes Möpschens Handtasche entdeckt. So ist eine Brücke zu neuer, alter Geselligkeit geschlagen, ohne die sie letzten Endes doch nicht auskommen." [r+f 23/68]
Alexander E. Heimann
Samuel Eglis Tagebuch. Es Hörspiel i zwene Teile (45' / 38' )
Dialekt [L+L]
Robert Egger, Bern
10.7.68 / 17.7.68
68 (DRS-1, 2 x 1 Sdg.),
r+f 27/68, S.75, R.Auer, "Us Samuel Eglis Tagebuech". Ein Dialekthörspiel in zwei Teilen von Alex Heimann
"'Ich möchte eigentlich nicht von einem Drang zum Schreiben sprechen; ich glaube nicht, dass ich grosse Dinge mitzuteilen habe', meint der bescheidene Alex Heimann (31) bei einem Gespräch über sein neues Hörspiel 'Us Samuel Eglis Tagebuech'. Erblich belastet betrachtet er sich höchstens in bezug auf seinen Buchhändlerberuf, den er mit Vater, Mutter und Schwester gemeinsam hat, nicht aber als Sohn von Erwin Heimann, der mit seinen Romanen und Hörspielen ('Schlossberg', 'Sturmzyt' u.a.) als engagierter Schriftsteller hervortrat. 'Ich möchte betonen, dass ich nicht Schriftsteller bin, auch nicht im Sinn habe, es zu werden', unterstreicht Alex Heimann, der zum hobbymässigen Hörspielautor wurde, als er für Radio Bern ein ausländisches Hörspiel bearbeitete, dieses schlecht fand und beim Wort genommen wurde, als er behauptete, so etwas könne er sich 'eigentlich auch selber aus den Fingern saugen'. Er bewies dies mit einem Kriminalspiel, dem nun die Gedanken und Erlebnisse eines jungen Paares folgen. Auch diese neue Arbeit entstand aus der Unzufriedenheit mit dem Hergebrachten: Er versuchte, die traditionellen Erzählerpassagen durch ein Tagebuch zu ersetzen, und so entstand ein unterhaltendes Mundartstück über ein junges Pärchen, 'das, in die Konjunktur hineingeboren, dieselben Probleme hat wie Sie und ich und zwar oft banale Probleme'. Diese Form erlaubte Heimann, auf sehr persönliche Art verschiedene Zu- und Missstände zu beleuchten: Rebellion und Anpassung, unerfreuliche Situation auf dem Wohnungsmarkt, Weihnachtsrummel, mangelnde Zivilcourage, Ehe- und Erziehungsprobleme. 'Der Schluss ist Resignation. - Es geht in diesem Stück nicht um Weltprobleme - ich versuche vorerst mit dem Nächsten, mit den Nachbarn, mit den Untergebenen und Vorgesetzten fertigzuwerden.'" [r+f 27/68, R.Auer]
Emmy Nöthiger-Bek
Über all Bärg (50')
Dialekt eingereicht zum Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele 1966/67 [D&F]
Inigo Gallo, Zürich
14.8.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.),
r+f, 32/68, Emmy Nöthiger-Bek, Hörspiel: Über all Bärg
Revidierte Fassung des zum Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele 1966/67 eingereichten Manuskripts "Über d'Gränze?"
"Nachempfinden, miterleben, hörbar machen, was ein Mensch in sich drin 'verwerchen' muss, der den Aussenstehenden als starker Mann erscheint, und der doch innerlich krankt an den Folgen einer allzu strengen Erziehung und an den Nachwehen einer misslungenen Ehe - dies ist es, was ich in meinem Hörspiel zu gestalten versuche. Jakob, der unheldische Held, hat eine Scheidung hinter sich, aber trotz dem Richterspruch ist er noch nicht ganz gelöst von seiner ersten Frau, deren Worte und Stimme immer noch in ihm auftönen. Er möchte sich freimachen, er möchte frei bleiben, und doch hat er sich schon wieder gebunden an ein Mädchen, das darauf 'plangt', mit ihm zum Zivilstandsamt zu gehen.
Jakob zögert. Um eine letzte Bedenkfrist einzuschalten, geht er allein in die Berge. Er will dort Übersicht gewinnen über sein eigenes Leben und auf den Alltag hinabblicken können. Dabei spielt er mit dem Gedanken, 'über all Bärg' zu gehen, heimlich hinüber über die Grenze. Wer von uns hat nicht auch schon einmal Lust verspürt, davonzulaufen und all die belastenden Erinnerungen und schlechten Erfahrungen hinter sich zu lassen?
Nicht Leichtsinn ist es, sondern im Gegenteil die Schwere der Verantwortung für eine neue Familie, die Jakob drückt und der er entfliehen möchte. Doch nicht nur seine persönlichen Probleme bedrängen ihn, er leidet auch am Wohlstandsmalaise und macht sich vor, dass er als Reklameberater den Tanz ums goldene Kalb mitanführen hilft. Sogar im Bergdorf oben schreit ihm aus einem Schaufenster sein Werbespruch entgegen: 'Du brauchst nichts zu Deinem Wohl als eine Schachtel Mithol!' Erst jetzt wird ihm bewusst, wie widersinnig diese Worte sind, die er im Auftrag seines Kunden den Konsumenten einhämmern muss. Doch weiter hinauf steigt er bis zum 'Windeggli', wo vor 5 Jahren ein Mädchen wohnte, das er, der im Dorf unten Grenzbesetzungsdienst leisten musste, damals oft besucht hat. Diese kurze Liebschaft ist seinem Gedächtnis fast entfallen, doch die Bergbäuerin weiss es noch und schimpft über den 'Glünggi', der nie mehr etwas von sich hören liess. Der Städter und die Bergbäuerin reden aneinander vorbei, ihre verschiedenartigen Dialekte lassen die Entfernung hörbar werden, die ihre Lebensbereiche trennt.
Und noch weiter den sonnendurchglühten Hang hinauf treibt ihn sein innerer Zwiespalt. Die Stimme des Vaters, der mit seinem misstrauischen Nörgeln und seinem Prügeln einen mutlosen Menschen aus Jakob gemacht hat, tönt immer wieder in seinen Ohren. Es gibt nur einen Weg, um aus der eigenen Haut hinauszuschlüpfen, um sich von allen Bedingungen zu befreien, den Weg, den Jakob wider Willen gehen muss." [r+f 32/68, Emmy Nöthiger-Bek]
Friedrich Dürrenmatt
Das Unternehmen der Wega (Fassung 1968) (63')
Science-Fiction-Hörspiel [D&F]
Hans Hausmann, Basel
1.12.68
68 (DRS-2, 2 Sdg.), 71 (DRS-1, 1 Sdg.)
r+f, 48/68, Hans Hausmann, Das Unternehmen der Wega
NZZ, 6.12.68, zd., Utopien: Zu den Hörspielen "Das Unternehmen der Wega" und "Das Aquarium"
Buchausgabe: Zürich (Arche) 1969
Kassette: ExLibris (TR-Verlagsunion, Audiothek-Reihe)
Erstsendung: 55 (BR/SDR/NWDR); Regie: Ludwig Cremer
Wdh.u.a. 1.11.77 / 18.11.84
"Dieses 1954 entstandene Hörspiel gehört schon rein formal zweifellos zu Dürrenmatts interessantesten Werken für das Medium Radio. Und trotz der 13 Jahre, die seit der Erstsendung des Bayerischen Rundfunks am 18.Januar 1955 verflossen sind, hat die Zukunftsvision einer 'nicht gewollten' Aggression auf die Venus anno 2255 auch heute nichts an Aktualität eingebüsst - im Gegenteil!
Die Handlung, die in der Form eines auf Tonband aufgenommenen Berichtes des Geheimen Dienstes der verbündeten Staaten Europas und Amerikas abläuft, ist mit Science-Fiction-Elementen gestaltet, die jedoch nie aus reinem Selbstzweck verwendet werden.
'Das Unternehmen der Wega' ist bisher noch nicht vom Schweizer Radio produziert worden; Friedrich Dürrenmatt hat sich bereit erklärt, für diese erste schweizerische Inszenierung gewisse aktualisierde Adaptierungen vorzunehmen." [Pgr 3/68, S.14]
"Der Maler [Dürrenmatt] blättert im 'Wega'-Manuskript. Bei Seite 1 schiebt er die Brille auf die Stirne und findet, hier könnte eine Szene eingeschoben werden. Ich bin überrascht. Dürrenmatt beginnt den Dialog vor sich hin zu murmeln. Er reisst sich vom Sessel los, rafft Papier und Kugelschreiber zusammen, schreitet zu seinem Arbeitstisch. Eine völlig neue Szene mit zwei völlig neuen Figuren entsteht. Sie wird ergänzt durch eine Parallel-Szene gegen Ende des Hörspiels und einen neuen Schluss. Ich bin begeistert.
[...] Ich lade Friedrich Dürrenmatt zu den Aufnahmen von 'Wega' ein und verabschiede mich, des Dankes voll. In der Hand halte ich ein Hörspiel, das einen ganz neuen Sinn bekommen hat. [...]" [r+f 48/68, Hans Hausmann]
"Eine Zukunftsvision von böser Aktualität. Verbrecher und politische Häftlinge leben, von den beiden Weltregierungen interniert, auf der Venus. Eine Delegation der westlichen Weltregierung reist im Jahre 2068 in einer Rakete mit der Absicht zur Venus, die Kolonie für westliche Machtinteressen einzuspannen. Sie 'landet' verbrauchte Argumente, militante Phrasen und totalitäre Vorstellungen von Volksbeglückung, hat aber, um der Forderung Nachdruck zu verleihen, Kobaltbomben an Bord. Die Venusbewohner lehnen dennoch die irdischen Ordnungsprinzipien ab - in vollem Bewusstsein, dass dies die Bombardierung des Sterns auslösen wird.- Die Aktualität von Friedrich Dürrenmatts Stück liegt nicht nur in der fortgesetzten Aktualität atomarer Bedrohung, sondern ebenso in den Ursachen, auf die er bereits damals hinwies." [tvrz 43/77, S.53]
Jakob Stebler
Wo ane mit den Alte? (53')
Dialekt eingereicht zum Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele 1966/67 [D&F]
Waldemar Feller, Zürich
18.12.68
68 (DRS-1, 1 Sdg.), 78 (DRS-2, 1 Sdg.)
r+f 19/66, S.7, --, Gesucht: Mundart-Hörspiele [Wettbewerbsausschreibung]
r+f 26/67, S.17, --, Die Gewinner im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele
r+f 4/68, S.5, Hans Rudolf Hubler, Steine des Anstosses. Gedanken zu einem Wettbewerb
r+f, 50/68, Jakob Stebler, Wo ane mit den Alte?
Die Jury im Radio-Wettbewerb für Mundarthörspiele 1966/67 empfahl 1967 Jakob Steblers Manuskript "Wohi mit den Alte?" zur Inszenierung am Schweizer Radio.
"Der Mensch erregt in der Regel zweimal Aufsehen: wenn er geboren wird und wenn er stirbt. Und zwischenhinein etwa, wenn er entweder einen Mord begeht oder aber siebzig wird. Einen Mord habe ich nicht begangen, dagegen ist mir nun das andere zugestossen. Aber man kann nichts dagegen machen. Dass das Radio mein neues Hörspiel ausgerechnet um das omimöse Geburtstagsdatum herum aus der Taufe hebt, ist indessen Zufall, immerhin ein netter Zufall.
'Wo ane mit den Alte?' - Die Handlung ist natürlich erfunden, der Hintergrund aber und die handelnden Personen sind real. Namentlich den alten Lingg habe ich nachgezeichnet, wie er leibte und lebte. Lebte, das heisst, vegetierte, wie man sich eben mit einer AHV-Rente und nichts anderem durchhungert und durchfriert. Er klagte nie, obschon ihm sein Platz am schmalsten Tisch des Daseins zugewiesen war. Man sah ihn nie anders als zufrieden. Dennoch lastete auf seinen Hausgenossen, auch auf mir, die bange Frage: Was geschieht mit dem achtzigjährigen Alleinstehenden, wenn ihm eines Tages aus bestimmten Gründen sein Mansardenzimmerchen verschlossen bleibt? Irgend jemand wird ihn bei sich aufnehmen müssen. Wer? Über Kurz oder lang wird er körperlich und seelisch pflegebedürftig. Einen mittellosen Greis in diesem Alter und mit der Aussicht auf ein mühsames Zusammenleben aufnehmen, heisst sich für ihn aufopfern. Und wer erbringt schon gerne Opfer?
Eines Tages starb der Einsame ganz unerwartet. Und nun erst recht fragte ich mich: Wie hättest du dich bewährt, wenn es sich darum gehandelt hätte, ihm einen letzten Unterschlupf zu bieten? Hättest nicht vielleicht auch du, wie so viele andere unter ähnlichen Umständen, jämmerlich versagt?
Und so entstand dieses Hörspiel." [r+f 50/68, Jakob Stebler]