1975        1977

Erich Brock
Mit-Teilungen: Beim Rechtsanwalt / In der Eisenbahn (44')
Montagsstudio [D&F]
Mario Hindermann, Zürich
5.1.76
76 (DRS-2, 1 Sdg.),
 
tvrz 1/76, S.62, F.H., Reichtum im Alter. Erich Brock: "Mit-Teilungen"
 
"So grundverschieden, ja scheinbar gegensätzlich die zwei Einakter 'Beim Rechtsanwalt' und 'In der Eisenbahn' sind - in beiden offenbart sich die subtile Kunst des Dialogs, wird die Bedeutung des Wortes, der Mitteilung als Auslöser und Vermittler geistig-seelischer Vorgänge sinnfällig dargestellt. Der Begleittext von Frau Dr.Inez Wiesinger wird am Beispiel dieser beiden Szenen versuchen, einen Einblick in die Gedankenwelt des 86jährigen, in Zürich wohnhaften Autors, Philosophen und Kritikers zu vermitteln.
Mit Renate Schroeter, Wolfgang Stendar, Gert Westphal und Hans-Dieter Zeidler." [Pgr 1/76, S.2]
 
 
 
Andreas Fischer
Fröhlich, oder s'wird Früelig dihäi (68')
Dialekt Musik: Rolf Graf [L+L]
Andreas Fischer, Zürich
15.1.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 81 (DRS-1, 1 Sdg.)
 
"Ein Mann kommt zurück. Aus Hans Fröhlich ist in den Staaten drüben der Amerikaner John Gay geworden. Aber was hat sich denn sonst noch alles verändert? Seine Freunde hier? Oder er selber? Warum ist es so schwierig, den alten Kontakt wieder zu finden? Warum verhält sich sein Sohn so eigenartig? Es geht in dem Hörspiel weniger um eine Geschichte, als um eine Art Momentaufnahme menschlicher Beziehung und um den Abbau eines Wunschvorbilds bei der Konfrontation mit der Wirklichkeit.
Es wirken mit: Alice Brüngger, Ruth Göppner, Ursula Schäppi, Maja Stolle, Walter Herr, Heiner Hitz, Eduard Huber und Ernst Stiefel." [Pgr 1/76, S.4]
 
 

Werner Kuhn
Glück mues me ha!
(73')
Typoskript bei SLA, Bern
Dialekt Hörspiel-Erstling [D&F]
Hans Jedlitschka, Zürich
29.1.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.),
 
tvrz 5/76, S.66, --, Ein Wagen mit Fragezeichen. "Glück mues me ha". Mundart-Hörspiel von Werner Kuhn [Interview]
 
"Oskar Bieri, von seinem Sohn ermuntert, beteiligt sich erstmals am Eurotop (einem europäischen Fussball-Toto) unter der sich selbst gestellten Bedingungen, einen möglichen Toto-Gewinn zu 80 Prozent wohltätigen Zwecken zuzuführen. Und das Erstaunliche geschieht. Bieri holt sich mit einem 13er den Höchstgewinn. Er verwendet das Geld im vorgesehenen Sinne. Nun aber bricht das Unglaubliche, das Irrationale in den Alltag ein: Bieri gewinnt noch viermal hintereinander. Das Spiel zeigt nun, wie diese unglaubwürdige Tatsache von der näheren und weiteren Umgebung Bieris aufgenommen wird. Es zeigt, wie Bieri langsam dazu gebracht wird, seine Siegerserie, zuerst bejubelt, dann misstrauisch und missgünstig betrachtet, verlacht und verdammt, abzubrechen. So steht er vor der Frage: Darf ein Mensch besser sein als der Durchschnitt? Darf er dauernd unerklärliches Glück haben? Ist Gutes zu tun überhaupt möglich?
Flavia Schnyder und Paul Bühlmann spielen das Ehepaar Bieri." [Pgr 1/76, S.6]
"Jede solche Arbeit ist Aussage zur Zeit, zur Gesellschaft, zum Wandel des Menschenbildes. Und, als ein Beitrag zum Thema 'Der Einzelne und die Gemeinschaft', zutiefst ein 'Politikum' im besten Sinne. Mein Hörspiel will realistisch sein. Realismus als Darstellung der Wirklichkeit plus Illusion. Ein realistisch dargestelltes Ereignis muss darüber hinaus ein Mehr an Erfahrung mitgeben. Dann ist die Arbeit sinnvoll." [tvrz 5/76, W.Kuhn]
 
 
 
Rudolf Jakob Humm
Ellenore. Nach dem Roman "Adolphe" von Benjamin Constant (74')
Stereo 5 [D&F]
Walter Baumgartner, Zürich
31.1.76
76 (DRS-2, 2 Sdg.), 85 (DRS-2, 1 Sdg.)
 
Hörspiel-Apéro, 26.10.85, Zürich
 
"Zur Quelle: Henry-Benjamin Constant de Rebecque, geboren 25.10.1767 in Lausanne, gestorben 9.12.1830 in Paris, Sohn hugenottischer Eltern, war jahrelang mit Mme de Staël befreundet, wurde französischer Staatsbürger, aber 1802 von Napoleon wegen seiner Beziehungen zu Frau de Staël verbannt, 1819 dennoch liberaler Abgeordneter, 1830 gar Präsident des Staatsrates.
'Adolphe', sein 1807 verfasster kleiner, autobiographischer Roman, führt den romantischen Charakter des zwischen Welt und Herz schwankenden, innerlich gespaltenen Mannes vor. In seinem fünften Hörspiel nimmt der Zürcher Schriftsteller R.J.Humm Herrn Constant ins Verhör und zeichnet mit tiefem Einfühlungsvermögen die Entwicklung der Liebe der weiblichen Hauptfigur Ellenore, die nach der grossen Enttäuschung an gebrochenem Herzen stirbt.
Die Titelrolle spielt Renate Steiger." [Pgr 1/76, S.6]
 
 
 
Raoul Baerlocher
Iberfall am Fasnachtszyschdig (55')
Dialekt Baseldeutsch Kriminalhörspiel Auftrag Musik: Franz David [D&F]
Ulrich Studer, Basel
4.3.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 78 (DRS-1, 1 Sdg.)
 
tvrz 9/76, S.66/67, Roland A.Bigler, Was man so nebenbei tut. Der Theater-, Radio- und TV-Mann Raoul Baerlocher schrieb einen Radio-Krimi
 
"Kommissar Maeder und seine Leute stehen vor der schwierigen Aufgabe, während der Basler Fasnacht einen seltsamen Überfall aufzuklären: Am Fasnachts-Dienstag-Nachmittag überfällt eine Gruppe von fünf Waggis einen Geldtransport. Die Täter können unerkannt entkommen - kein Wunder, rundherum 'wogt' bei herrlichstem Wetter das fasnächtliche Treiben.
Nun: an der Fasnacht einen Waggis zu suchen und zu finden ist kein Problem. Auch eine Waggisgruppe zu finden, ist keines. Aber fünf Waggis zu finden, die mit zwei Geldkisten spurlos verschwunden sind - das ist nicht nur ein Problem, das scheint auf den ersten Blick eine unlösbare Aufgabe zu sein. Aber Kommissar Maeder und seine Mitarbeiter wissen, dass der Fall spätestens am Fasnachts-Donnerstag-Morgen gelöst sein muss." [Pgr 1/76, S.11]
 
 

Lukas Hartmann
Em Pfarrer sy Scheidig (62')
Dialekt Hörspiel-Erstling [L+L]
Rudolf Stalder, Bern
1.4.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 79 (DRS-1, 1 Sdg.)
NZZ, 29.5.79, che, "Em Pfarrer sy Scheidig". Hörspiel von Lukas Hartmann
 
[Lukas Hartmann = Pseudonym für Hans-Rudolf Lehmann]
 
"Ein Kirchgemeinderat auf dem Lande tagt und bekommt unter dem Traktandum 'Verschiedenes' offiziell Kenntnis von der Scheidung des Pfarrers, der in seinem Brief um Verständnis und Vertrauen bittet.
Nach einigem Zögern nehmen die meisten Ratsmitglieder 'Stellung zum Fall'. Was gesagt wird, offenbart indessen weitgehende Hilflosigkeit; es werden vor allem Klischeevorstellungen aufgetischt. Tiefer lassen die gleichzeitig laufenden Gedanken-Monologe des Pfarrers, des Dorfapothekers und der Bäuerin blicken. Es drängen sich Fragen auf, die keiner beantworten kann.
Als Pfarrer ist Franz Matter zu hören, in weiteren Hauptrollen Elisabeth Müller-Hirsch, Paul-Felix Binz, Hans-Heinz Moser und Bernhard Stirnemann.
Lukas Hartmann, heute 31jährig, war Lehrer und Sozialarbeiter, arbeitet heute als freier Schriftsteller und Journalist." [Pgr 1/76, S.15]
 
"Ein Pfarrer darf auch heute noch nicht immer als 'gewöhnlicher Mensch' gelten.
Er darf - oder sollte wenigstens - verschiedenes nicht tun, was sich andere eher erlauben dürfen. Aber scheiden - und gar noch in einem Dorf, wo jeder den andern kennt, oder es doch glaubt - das kann nicht gut gehen. Was da in den Köpfen alles aufdämmert, zeigt Hartmann in einer sorgfältigen Studie mitmenschlich-allzumenschlichen Verhaltens." [Pgr 2/79, S.6]
 
 
 
Heinz Reber
Reise zum Planeten "Dau-Wal". Eine Art Hörspiel. Experiment mit zehn Patienten der Psychiatrischen Universitätsklinik Bern (115' inkl. Diskussion und musikal. Ausklang)
Dialekt O-Ton-Hörspiel (?) Feature (?) Experiment
Leitung: Heinz Reber, Bern
16.4.76
76 (DRS-1, 1 Sdg.),
 
tvrz 15/76, S.69, Rudolf Blum, Therapie oder Hörspiel? "Reise zum Planeten 'Dau-Wal'"
 
[...]
"Im Jahre 2075 - so die Grundannahme, können Menschen, die sich durch extremes Denken und Handeln von den bestehenden Gesellschaftsnormen distanzieren, sich mit einem Raumschiff auf den Planeten Dau-Wal schiessen lassen.
Sich Luft verschaffen
Zur improvisatorischen Darstellung dessen, was sich beim Flug in diesem Raumschiff ereignen könnte, wurde eine Spielgruppe von zehn Patienten zusammengestellt. Personen im Alter zwischen 20 und 65 Jahren und in den Krankheitsbildern sehr verschiedenartig.
Reber, der Spielleiter, der während der Hörspiel-Aufnahmen seine Aufgabe darin sah, 'immer disponibel und zugegen und doch nicht dazusein', hatte mit seinem Konzept Erfolg: 'Die Ideen sprudelten nur so aus den Patienten heraus, so dass man sie - statt sie zu mobilisieren - eher bremsen musste, um das Ganze zu koordinieren.' Im spontanen Sprechen und Spielen in der Gruppe nahmen die Teilnehmer die Gelegenheit wahr, die Heinz Reber ihnen bieten wollte: die Möglichkeit, 'sich Luft zu verschaffen, ihrem Willen gegen ihr ausweglos scheinendes Dasein Ausdruck zu verleihen'.
Zwar seien mit dieser Arbeit zweifellos therapeutische Effekte verbunden gewesen, meint Reber, aber er möchte die 'Reise zum Planeten Dau-Wal' nicht primär als Dokument einer Therapie verstanden wissen, sondern schlicht als 'eine Art Hörspiel': 'Es werden darin viele Probleme angeschnitten, die uns alle angehen und die wir vielleicht auch so artikulieren könnten wie diese Leute, wenn wir nicht so viele Schranken hätten.'" [...] [tvrz 15/76, Rudolf Blum]
 
 
 
Hans Karl Müller
Die ökumenisch Fyr (70')
Typoskript bei SLA, Bern
Dialekt 4 [D&F]
Hans Jedlitschka, Zürich
20.5.76
76 (DRS-2, 2 Sdg.),
 
"Oswald Castelmur segelt im Beruf und in der Politik auf Erfolgskurs. Die Ehe ist harmonisch, die beiden Kinder Hubert und Zita machen keine Schwierigkeiten. Wie der Sohn Hubert mit Adele zu Hause auftaucht, ändert sich die Situation mit einem Schlage. Die Familie gerät in eine schwere Krise. Es zeigt sich, dass die Harmonie nur Fassade war.
Der Mensch ist ja selten das, was er nach aussen scheinen möchte, sehr oft wird sein Verhalten von schwer durchschaubaren seelischen Mechanismen gesteuert und doch ist nicht alles Lebenslüge, was der Mensch bewusst oder unbewusst scheinen möchte, er ist auch nicht Sklave seiner Triebe. Gerade in unlösbaren Konfliktsituationen werden Kräfte wirksam, die im Gemeinschaftsleben andere Lösungen anbieten als Verachtung, Unversöhnlichkeit und Hass. Der Autor widmet sein neues Hörspiel allen Ehepaaren und Familien, die einander auch in schweren Krisen und ausweglosen Situationen mit echter Liebe begegnen.
Es spielen: Franziska Kohlund, Lore Reutemann, Ursula Schäppi, Peter Brogle, Paul Bühlmann, Heiner Hitz und Ernst Stiefel." [Pgr 2/76, S.6]
 
 
 
Annemarie Treichler
E passendi Glägeheit (45')
Dialekt Auftrag 2 [D&F]
Martin Bopp, Basel
27.5.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 80 (DRS-1, 1 Sdg.)
 
tvrz 21/76, S.70, --, Zu alt fürs Erwachsensein? Anne Marie Treichler: "E passendi Glägeheit"
 
A.M.Treichler spielt eine Hauptrolle
 
"Margrit, dreissigjährig, wohnt noch immer bei ihrer verwitweten Mutter. Wenig selbständig, unschlüssig und weich fühlte sie sich in dieser Atmosphäre geborgen, ohne zu merken, dass sich ihr Leben nur in Bildern und Vorstellungen davon abspielt. Erst die Begegnung mit einem Mann, der versucht, sie aus ihrer Traumwelt herauszulocken, lässt sie sich ihrer Situation bewusst werden. Den entscheidenden Schritt zur Selbstverwirklichung kann sie allerdings noch nicht tun. Die Freundschaft bricht auseinander. Erst als sie ihren Freund nach einem Jahr wieder trifft, gibt sie sich den entscheidenden Ruck und zieht die Konsequenzen." [Pgr 2/76, S.7]
 
[...]
"Der Familienkrach, das sprichwörtliche 'Familientheater', wird hier zum kleinen Drama des Alltags, das sie mit fein nuancierten Farbtönen malt und in einen Alltag voll helvetischer Trostlosigkeit einbettet.
[...]
Ihr zweites Hörspiel hat sie bewusst im Dialekt gehalten. 'Es fällt dem Hörer so leichter, sich selber zu erkennen', meint sie dazu. Und: 'Die Sprache selber spielt eine Hauptrolle. Ich meine: der Dialekt mit seiner ganzen Lieblosigkeit, mit seinem Mangel an Gefühlen.'" [tvrz 21/76]
 
 
 
Silja Walter
Der brennende Zeitvertreib (54')
Stereo Pfingstspiel Mysterien-Hörspiel Trilogie, 3.Teil Auftrag 3 [D&F]
Hans Jedlitschka, Zürich
5.6.76
76 (DRS-2, 2 Sdg.), 77 (DRS-2, 1 Sdg.), 79 (RB, 1 Sdg.), 79 (DRS-2, 1 Sdg.)
 
tvrz 22/76, S.69, Ernst Hofmann, Dimensionen des Geistes. Silja Walter: "Der brennende Zeitvertreib"
 
Buchausgabe: Zürich (Arche) 1976
 
"Zu Pfingsten hat Silja Walter das dritte Hörspiel im Mysterienzyklus Weihnachten - Ostern - Pfingsten geschrieben.
Die Autorin führt das Phänomen der Zeitlosigkeit vom Alten Testament über das Neue in die Jetzt-Zeit auch in diesem abschliessenden Teil der Hörspieltrilogie weiter.
Gregor, der als Auslandkorrespondent zwölf Sprachen beherrschte, hat durch einen Unfall sein Gedächtnis verloren und lebt geistig gestört an der Seite seiner Frau, die den gemeinsamen Lebensunterhalt mit einem Bahnhofkiosk verdient. In seiner geistigen Isoliertheit widmet sich Gregor der Konstruktion einer imaginären Maschine, die imstande sein soll, die Vergangenheit, die ganze bis heute verflossene Zeit, einzufangen, sie von der Geschichte zu reinigen und auf diese Weise Zeit im Grundzustand - Ur-Zeit - zu gewinnen, um ihr wieder Herr, beziehungsweise teilhaftig zu werden. Im Verlaufe der Handlung fügt sich das Unauflösbare, das nicht zu Zermahlende an Zeit und Geschehen immer mehr zu einem bestimmten Ereignis zusammen: der Kreuzigung Christi. In der Gestalt eines mitgekreuzigten Schächers wird Gregor selbst mitten ins Geschehen gerissen. Er sieht, wie aus dem Gekreuzigten in der Mitte ein Feuer ausbricht, das sich aller Welt bemächtigt und alle Zeit in sich hineinzieht. Der irre und doch im dunklen Drange richtig ahnende Mensch stösst auf den wahren Zeiterhalter, auf den 'brennenden Zeitvertreib' Gott.
Es spielen: Renate Schroeter und Peter Brogle." [Pgr 2/76, S.8]
 
"Weihnachten, Ostern,Pfingsten: kalendermässig in dieser Folge kehren die christlichen Feste wieder. Ostern ist nicht nur in der Mitte zwischen Weihnachten und Pfingsten als Termin, Ostern ist die Mitte, das Zentrum des christlichen Glaubens überhaupt. Von Christi Tod und Auferstehung her bekommt Weihnachten, die Geburt, ihren Sinn, und die Geistaussendung, Pfingsten, ist ohne Auferstehung undenkbar. Darum liegt es nahe, in diesem Osterprogramm die Trilogie der Mysterienspiele von Silja Walter zu bringen. Die drei Mysterien-Hörspiele entstanden im Auftrag der Abteilung Dramatik, zwischen 1972 und 1976." [Pgr 1/77, S.17]
 
[...]
"In ihre erlösende Überzeit und Überwelt wird das Paar dadurch hineingerissen, dass aus dem Inneren des Gekreuzigten Feuer seines göttlichen Geistes brechen - alles, wonach sie greifen, läuternd und erneuernd, insbesondere diesen erniedrigten Menschen, den fremde Gewalttat und innere Wirrsal nicht von der Spur auf Gott zu hatten lösen können.
Mit der Gesundung des ganzen Wesens schenkt das pfingstliche Pneuma auch ihm die 'Sprachengabe'. Er findet zurück in die zwölf (!) Sprachen, die ihm früher zu eigen gewesen waren." [tvrz 22/76, Ernst Hofmann]
 
 
 
Urs Ledergerber
Letschti Liebi (80')
Typoskript bei SLA, Bern
Dialekt Dialektfassung: Silvio Blatter Hörspiel-Erstling [D&F]
Silvio Blatter, Zürich
10.6.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.),
 
"In einem Büro verdient sich ein alter Mann, Stuber, als Ausläufer Zugeld zur AHV. Da eine der Angestellten Ferien hat, wird für zwei Wochen Ursula Berger, eine Studentin, eingestellt. Jeden Morgen muss Stuber in Ursulas Büro die Post abholen und ihr den Pausenkaffee bringen, und schon am ersten Tag findet er, dass Ursula einer Fernsehansagerin täuschend ähnlich sieht. Er kommt mit ihr ins Gespräch, das nun jeden Morgen neu aufgenommen und weitergeführt wird. Dabei ist es vor allem Stuber, der Ursula sein Leben, ein Arbeiterleben, erzählt; er berichtet von seinem ehemaligen Chef, dessen Aufstieg zum reichen Geschäftsmann und gut verheirateten Villenbesitzer. Dabei zeigt es sich, dass Stuber immer nur für andere gearbeitet hat und ausgenutzt wurde. Da ihm aber die Einsicht in diese Zusammenhänge fehlt, versucht Ursula, sie ihm behutsam aufzuzeigen. Gerade weil das Hörspiel auf Schlagworte und Agitation verzichtet, wird es zu einem Stück Gesellschafts- und Zeitkritik.
Es spielen mit: Maja Stolle, Ernst Stiefel und Ulrich Beck." [Pgr 2/76, S.9]
 
 
 
Raymond Saner
Sackgass (36')
Dialekt Montagsstudio (Hörspiel-Werkstatt) [D&F]
Stephan Heilmann, Basel
14.6.76
76 (DRS-1, 1 Sdg.; DRS-2, 1 Sdg.),
 
tvrz 24/76, S.69, --, "Das Bild ähnelt immer mehr der amerikanischen Szene". Raymond Saner: "Sackgass"
 
"'Sackgass' spielt in Basel, der schweizerischen Hauptstadt legaler Drogen (Valium, Librium etc.), im Milieu des illegalen Drogenkonsums und Drogenhandels. Die Figuren dieses Hörspiels sprechen ihre Insidersprache und enthüllen eine Welt, die für immer mehr Jugendliche zu einem für Aussenstehende schwer durchschaubaren Ersatzleben geworden ist. Aus den Darstellungen des Autors ergibt sich, dass weder eine verschärfte Rechtsprechung noch härtere Polizeikontrollen Erfolg haben können, solange das Drogensyndrom nebst den individuell-psychischen nicht auch auf seine gesellschaftlich-ökonomischen Komponenten hin untersucht wird." [Pgr 2/76, S.9]
 
 
 
Paul Schenk
Ritter Adrian. Episoden aus dem Leben eines grossen Berners (60')
(szenische Hörfolge) [L+L]
Paul Schenk, Bern
23.6.76
76 (DRS-1, 1 Sdg.),
 
tvrz 25/76, S.70, --, Höhepunkte eines Lebens. Ritter Adrian
 
"[...] Aus der Überfülle des Stoffes versucht der Autor die Gestalt jenes Berners in geraffter Form nachzuzeichnen, der als Führer der 'Friedenspartei' in den politischen Wirren um die Burgunderkriege als Gegenspieler Niklaus' von Diesbach eine wichtige Rolle spielte.
Die Hörfolge beginnt mit einem Ausschnitt aus der grossen Rede im Twingherrenstreit von 1470. In dieser Rede legte Bubenberg den Standpunkt des Adels dar, der zu Berns Grösse und Ansehen viel beitrug.- Für und wider die Bündnisse mit Frankreich, der Ausschluss aus dem Rat, Verbannung, Murten, Flucht aus der Gesandtschaft zum König von Frankreich bilden dramatische Höhepunkte, die mit einem Chronistentext verbunden werden. Am Schluss: eine todestanzartige Szene." [tvrz 25/76]
 
 
 
Ernst Kappeler
Zaale, Fröiläin! (37')
Dialekt [L+L]
Walter Wefel, Zürich
1.7.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 80 (DRS-1, 1 Sdg.)
 
"Das Café als kleines Welttheater. Alle, die hier an ihren kleinen Tischen sitzen (drei alte Leute, die von einer Beerdigung kommen; zwei junge Liebende; drei Schülerinnen, die eben eine Stunde schwänzen; zwei Geschäftsleute; ein junges Mädchen, das ihren Freund erwartet; zwei Putzerinnen u.a.) - sie alle leben hier ihr persönliches Leben weiter, beobachtet von einer männlichen Gestalt im Hintergrund, die ihre Gedanken, Hoffnungen oder Ängste von Tisch zu Tisch verfolgt, Ungehörtes hörbar und Unsichtbares sichtbar macht. Der geheimnisvolle Gast ist als solcher nicht eindeutig sichtbar. Er verwandelt sich in den Augen jedes Cafébesuchers stets in jene Gestalt, an die er intensiv denkt, vor der er sich fürchtet, die er für sich erhofft.
Gott? Der Tod? Die Frage bleibt offen. Der sichtbare Unsichtbare geht als letzter aus dem Lokal und wird morgen wiederkommen, um in unserem kleinen Welttheater für jeden jene Rolle zu spielen, die von ihm erwartet wird." [Pgr 2/76, S.12]
 
 
 
Erwin Heimann
"Vermisst wird... Sechs Beispiele aus dem Alltag und ihre Hintergründe"
(3 Folgen) (55' / 60' / 60' // 174' (total))
(Hörfolge, Hörspielreihe) Bearbeitung: H.Gaugler [L+L]
Hans Gaugler, Bern
10.7.76 / 17.7.76 / 24.7.76
76 (DRS-1, 3 x 1 Sdg.), 81 (DRS-1, 3 x 1 Sdg.)
 
tvrz 27/76, S.61, Erwin Heimann, Polizeiakten und Schicksale. "Vermisst wird..." 3teilige Sendereihe von Erwin Heimann
 
vgl. H.Ernys Hörfolge "Vermisst wird...", 1966
 
1.Folge
"Die immer wiederkehrende Radiomeldung 'Vermisst wird...' hat den Autor veranlasst, den Beweggründen nachzugehen, warum Menschen eines Tages verschwinden und gesucht werden müssen.
Die sechs ausgewählten Beispiele - in jeder der drei Sendungen sind es zwei Fälle - gehen von bestimmten, immer wieder anderen Situationen aus; jedesmal verläuft die Handlung anders. Die Motive fand Erwin Heimann in Polizeiakten. Sie lieferten das Rohmaterial zu den weitgehend frei erfundenen Dialogen. Für Heimann stellt sich dabei die Frage, wie unsere Gesellschaft mitschuldig wird am scheinbar rätselhaften Verhalten der Menschen, die eines Tages verschwinden. In der 1.Sendung verfolgen wir eine Kindesentführung und als zweites Beispiel den Fall eines Beamten, der aus beruflichen und familiären Gründen keinen Ausweg mehr findet." [Pgr 2/81, S.2]
 
2.Folge
"Zwei weitere Beispiele der dreiteiligen Sendereihe erhellen die Hintergründe von Vermisstmeldungen, wie sie uns immer wieder am Radio begegnen.
Im ersten Beispiel folgen wir zwei Jugendlichen - einem Mädchen und einem Buben, die ihren Schwierigkeiten dadurch zu entkommen versuchen, indem sie ausreissen. Das zweite Beispiel: Eine junge Frau ist der Belastung durch ein behindertes Kind nicht mehr gewachsen. Sie scheitert am Unverstand und an den Vorurteilen ihrer Umgebung und entflieht dem unerträglichen psychischen Druck." [Pgr 2/81, S.3]
 
3.Folge
"Das fünfte Beispiel einer Vermisstmeldung führt in das Rauschgiftmilieu. Der 18-jährige Schriftsetzerlehrling wird mit seinen persönlichen Problemen nicht mehr fertig und gerät in den Teufelskreis der Drogenabhängigkeit. Der letzte Fall betrifft einen alten Mann, der von seinen eigenen Familienangehörigen nicht mehr verstanden und deshalb in ein Altersheim gebracht wird. Das bittere Gefühl, abgeschoben worden zu sein, und der negative Eindruck seiner neuen Umgebung führen ihn in die Verzweiflung und brechen seinen Lebenswillen.
In beiden Fällen steht die Frage im Hintergrund, wo die Ursachen zu solchen Entwicklungen zu suchen sind." [Pgr 2/81, S.4]
 
 
 
Gerold Späth
Schattentanz (59')
Stereo 4 [D&F]
Walter Baumgartner, Zürich
28.8.76
76 (DRS-2, 2 Sdg.),
 
tvrz 34/76, S.61, --, Zwang und Wunsch. Gerold Späth: "Schattentanz"
NZZ, 31.8.76, mw., "Schattentanz" von G. Späth
 
"Vordergründiger Ort der Handlung ist eine einsame Zollstation bei Nacht; von hier saust die Imagination immer wieder weg, geht durch mit dem Zöllner, mit der Frau, deren Gepäck er kontrolliert. Dem Alter nach sind die beiden Hauptfiguren in der Mitte ihres Lebens, in Gedanken fliehen sie dauernd aus dieser scheinbaren Mitte: sie unternehmen gewaltsame und gewalttätige Ausbruchsversuche.
Kontrapunktisch die Stimme eines jungen Liebespaares voller Hoffnungen, Illusionen, ungebrochener Wahrheiten - und das Krötengeschnarr und Eulengefauch eines alt, grau, bitter gewordenen, in Hass verknöcherten Paares.
Ein Hörspiel über das Gebrodel der lang zurückgestauten Irrealität unter jener dünnen vernunftgespannten Haut, die wir zum Beispiel Wirklichkeit nennen und von der wir selbstverständlich annehmen, dass sie hält." [Pgr 2/76, S.20]
 
[...]
"Man denkt unwillkürlich an Strindbergs 'Totentanz', und tatsächlich ist den beiden Stücken etwas gemeinsam: Die Protagonisten möchten ihr Leben von Grund auf verändern, doch am Ende geht es weiter wie bisher.
Die Wirklichkeit ist mager, die Möglichkeiten Unmöglichkeiten. Gezeigt werden zwei Personen, eine Reisende und ein Grenzbeamter, die sich in einer einsamen Zollstation bei Nacht treffen und verlassen. Dies die Realität - eine Realität, die für Mann und Frau zum Anlass wird, sich weitere 'an sich' mögliche Verläufe des Treffens vorzustellen. doch diese Möglichkeiten bleiben Furcht- Wunsch-Träumereien, in der Wirklichkeit können sie beide nicht mehr aus ihrer Situation ausbrechen. Der Zöllner sitzt auf einem 'Scheissposten', die Frau sehnt sich nach sexueller Erfüllung - der Zöllner wird samt seiner sexuellen Begierde auf seinem 'Scheissposten' sitzenbleiben, die Frau sich weiter sehnen: Weder er noch sie können ihren Wünschen nachgeben; die Zwänge sind für beide zu gross. Durch die Erwartungen ihrer Umwelt, durch die Erziehung sind sie in eine Rolle hineingezwungen worden, sind sich selbst entfremdet. Er ist zum pflichtbesessenen Zöllner, sie zur unnahbaren, stolzen 'Schönen' geworden.
Durch das Hörspiel führt ein Erzähler, der - so will es Späth, als gleichwertiger Partner der übrigen Figuren 'daherkommt'. Eingeblendet werden Szenen über 'was zu wünschen wäre' und 'was zu befürchten ist'. Extremsituationen werden dadurch aufgezeigt: im ersten Fall durch ein Liebespaar unter 'einem Himmel voller Geigen', im zweiten durch ein altes, sich hassendes Paar, welches seine Tage mit Krötengeschnarr und Eulengefauch verbringt. Bei Zöllner und Frau gehen Wirklichkeits- und Imaginationsdialog oft fast unmerklich ineinander über, was nicht nur das Spannungsmoment erhöht, sondern auch dazu führt, dass der Zuhörer hie und da zusammen mit Zöllner oder Frau den Boden der Realität unter den Füssen verliert, Vorstellungen also als Wirklichkeit erlebt, um dann später in die tatsächliche Realität zurückgeschleudert zu werden. Im Imaginationsdialog lässt der Autor zuweilen seelische Verformungen als Folge der gesellschaftlichen Sexualunterdrückung spürbar werden: Sadismus und Masochismus.
Gerold Späth hat in seinem Hörspiel vielfältigste Formen (Kommentar, Statements, Selbstgespräch und Gespräch) und verschiedene Ebenen (Realitäts-, Imaginations-und Interpretationsebene) zu einem geschlossenen Ganzen zu vereinen gewusst. Was der Österreichische Rundfunk an seinen Kurzgeschichten lobte, gilt auch für dieses Hörspiel: 'Gerold Späth versteht es, Stimmungen einzufangen und Menschen mit wenigen Strichen zu charakterisieren.'" [tvrz 34/76]
 
 
 
Ueli Zindel
Arian (28')
Montagsstudio Kurzhörspiel (Hörspiel-Werkstatt) [D&F]
Martin Bopp, Basel
4.10.76
76 (DRS-2, 1 Sdg.),
 
"Eine Frau, mitte dreissig, sitzt allein in ihrem Wohnzimmer und blickt in die winterliche Landschaft. Sie wird nicht mehr zur Arbeit gehen; ihre gekränkte Weiblichkeit und der Terror ihrer Phantasie treiben sie weg von den Übereinkünften der Gesellschaft. Von der Idee besessen, dass der Zeitbegriff eine notdürftige Unwahrheit sei, schreitet sie in Gedanken durch ihre Vergangenheit. Eine versponnene Bildfolge, Beschwörung, Verspieltheiten, Ängste,...
Was wird sie tun?" [Pgr 3/76, S.6]
 
 
 
Paul Michael Meyer
Stellebewärbig (54')
Dialekt Hörspiel-Erstling
Charles Benoit, Bern
7.10.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.),
 
"Peter Gerber hat das Lehrerpatent erworben. Er schreibt gerade seine Stellenbewerbungen Nrn. 7-12. Resultat: Er erhält vier Absagen, zwei Mal darf er sich vorstellen; doch auch da folgt der Brief 'Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen...'. Schliesslich studiert er das neue Schulblatt, sucht neue Namen, neue Bewerbungsmöglichkeiten...
Paul Michael Meyer, selbst lange Zeit als Lehrer auf Stellensuche, hat sich intensiv mit Fragen rund um die Lehrtätigkeit beschäftigt. Bisherige Veröffentlichungen: 'Demokratische Schule, Schule der Demokratie' und 'Schule Bächlen. Demokratische Schule in einer sterbenden Gesellschaft', beide in der Reihe Vita Nova." [Pgr 3/76, S.7]
 
"Paul Michael Meyer hat im letzten Herbst mit seinem Hörspiel-Erstling 'Stellebewärbig' in breiten Kreisen auf sich aufmerksam gemacht." [Pgr 2/77, S.18]
 
 
 
Martin Liechti
Die Unentschlossenen (56')
Auftrag Hörspiel-Erstling [D&F]
Mario Hindermann, Zürich
11.12.76
76 (DRS-2, 2 Sdg.),
 
"Eine Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der unüberschaubaren, gesichtslosen Brüsseler EG-Bürokratie. Die französische Botschaftssekretärin France und der deutsche Kommissionsattaché Uwe, beide ebenso resigniert wie elementar dankbar für jede menschliche Geste in dieser anonym-sterilen Verwaltungsmaschinerie, flüchten sich in eine Beziehung, in die 'Verbundenheit zweier Unverbundener', die sich jedoch in Plänen und Gedankenspielen erschöpft. Er, von den ständigen, sinnlosen Anforderungen verschüttet, kann sich nicht entscheiden. Sie, von einer gescheiterten Ehe enttäuscht, will sich nicht wieder binden. Die Idee, der sie beide dienen: die europäische Gemeinschaft - sie ist im privaten zum Scheitern verurteilt.
Dieses erste Hörspiel von Martin Liechti ist als Auftragsarbeit der Abteilung Dramatik entstanden." [Pgr 3/76, S.16]
 
 
 
Fritz Gafner
Doppelverdiener (28')
Dialekt 5 [L+L]
Inigo Gallo, Zürich
16.12.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.), 81 (DRS-1, 1 Sdg.)
 
"Zwei Ehepartner bemühen sich, einander ernst zu nehmen und die Freiheit zu geben, die jedes braucht. Sie finden einen Weg; er führt zur Erwerbstätigkeit beider Partner. Nun macht aber die Rezession diese Lösung fragwürdig; man ist plötzlich Doppelverdiener. Von Doppelverdienern wird nun in Zeiten der Rezession gesprochen - und nie ohne Vorwurf an die verheiratete erwerbstätige Frau. Warum eigentlich? Soll man vielleicht das Heiraten bleiben lassen? Das Hörspiel will weniger solche Fragen beantworten; es will eher zeigen, dass solche Fragen eigentlich immer etwas zu tun haben mit der Gleichberechtigung von Frau und Mann im besten Sinn dieses Wortes." [Pgr 3/76, S.17]
 
 
 
Adolf Winiger
"Wiehnachte entgege" (47')
Dialekt Luzerner Mundart Ausführende: Mitglieder der Luzerner Spielleute 2 [L+L]
Julian Dillier, Basel
23.12.76
76 (DRS-1, 2 Sdg.),
 
"Vater, Mutter, ein erwachsener Sohn - an diesen drei Hauptpersonen des Stücks zeigt sich der Konflikt der Generationen: der gestrenge Vater, der Sohn in seinem Drang nach Freiheit und Ungebundenheit, die Mutter zwischen den beiden, drauf bedacht zu verstehen, auszusöhnen, gequält in ihrer Stellung. Enttäuscht der Sohn, der sich selbständig macht, unglücklich das Elternpaar - das in der Zeit vor Weihnacht, dem Fest der Freude." [Pgr 3/76, S.18]

1975        1977